Wie ich einmal meinen Kindle im Flugzeug nach Moskau vergaß und versuchte, ihn wieder zu bekommen…
Was tut man, wenn man – trotz freundlicher Hinweise der Crew – so schlau ist, seinen Kindle im Flugzeug in der Tasche des Vordersitzes zu vergessen und dies erst auf dem Weg vom Flughafen in die Stadt merkt?
Richtig, man kontaktiert die Airline oder checkt deren Website (oder beides) und erhält in meinem Fall die Auskunft von Airberlin, dass man sich an das örtliche Lost & Found am Ankunftsflughafen wenden solle.
Also auf dem Rückweg ein wenig extra Zeitpuffer einplanen, um in einem Land, dessen Sprache man nicht spricht und in dem überraschend – um nicht zu sagen erschreckend – wenige Menschen englisch sprechen, nicht nur das Fundbüro zu finden, sondern sich dort auch noch begreiflich zu machen.
Der Plan erwies sich allerdings als kühn – trotz guter Vorbereitung in Form eines Screenshots der Google-Übersetzung meiner essenziellen Botschaft. Eine Odyssee in 12 Etappen, die mich mehr als einmal an Asterix und Obelix im Haus, das Verrückte macht, erinnerte:

„Ich habe meinen Kindle im Flugzeug vergessen.“
1. Station: Der Airberlin-Service-Schalter
Die des englischen mächtige und freundliche Mitarbeiterin dort schickt mich ans Ende der Halle „hinter die Zollabfertigung“. Am Ende der Halle angekommen, sehe ich zwar den Ausgang der Zollabfertigung für ankommende Passagiere, aber nichts, was auch nur im entferntesten nach einem Lost- & Found-Schalter aussieht.
2. Station: Der Info-Point des Flughafens
Also zurück in die Mitte der Flughafenhalle zur allgemeinen Information: In brüchigem Englisch schickt man mich dort in die Richtung, aus der ich gerade kam. Also noch einmal gründlicher suchen und eventuell jemanden fragen.
3. Station: Ortskundig aussehende Menschen fragen
Das jedoch ist schwierig: Die Dame an der Geldwechselstube? Spricht kein Englisch, sondern telefoniert lieber weiter auf Russisch. Die beiden Sicherheitsfrauen am Ausgang? Kein Englisch. Die beiden Flughafenmitarbeiterinnen, die aus dem Zollabfertigungsbereich kommen? Kein Englisch. Schließlich weist mich die Mitarbeiterin am Schalter der nächstgelegenen Airline in die komplett entgegengesetzte Ecke der Flughafenhalle.
4. Station: Service-Schalter am anderen Ende des Terminals
Auch dort treffe ich auf eine passabel Englisch sprechende Mitarbeiterin, die mich um die Ecke und einen Gang entlang weist. Da die Schilder in dieser Richtung zur Gepäckaufbewahrung weisen, folge ich denen mal, in der Hoffnung, dass abgegebenes und gefundenes Gepäck gemeinsam verwahrt werden…
5. Station: Gepäckaufbewahrung
Hier allerdings bin ich wieder lost in translation: weder die beiden Damen am Gepäckröntgengerät noch der unwillige Mensch an der Gepäckannahme, der sich erst beharrlich weigert, mich überhaupt zur Kenntnis zu nehmen, sprechen Englisch. Also wieder zurück…
6. Station: Ein Mitarbeitereingang
Auf dem Weg versuche ich mein Glück noch an einem Mitarbeiter-Durchgang, der kontrolliert wird. Dort wiederum schickt man mich zurück zum Anfang.
7. Station: Die Gepäckausgabe für Sperrgut
Während ich das Terminal nun zum dritten Mal durchquere, fällt mir der Gepäckausgabeschalter für Sperrgut ins Auge und ich versuche auch dort mein Glück. Das reicht allerdings nicht so weit, dass die Dame dort Englisch verstünde. Mithilfe meines Screenshots kann ich mein Anliegen immerhin begreiflich machen und werde wiederum in Richtung meines Suchanfangs gewiesen. Unterwegs passiere ich erneut den Airberlin-Service-Schalter und beschließe, dort noch Mitarbeiterin 2 zu befragen.
8. Station: Der Airberlin-Service-Schalter
Während ich mich an Mitarbeiterin 2 wende, erkennt mich auch Mitarbeiterin 1 wieder und wirft ein, sie hätte mir doch schon beschrieben, wo ich hin müsse. Erst auf detailliertes Nachfragen ergibt sich, dass sie meinte, ich hätte mir am Ausgang der Zollabfertigung Einlass erbeten müssen, um im Bereich dahinter das Fundbüro zu finden. Allerdings würden Gegenstände, die vor mehr als zwei Tagen gefunden wurden, vom internationalen Ankunftsbereich in den nationalen verlagert, sodass ich direkt dort fragen sollte. Die Halle für nationale Ankünfte wiederum ist die, die ich gerade fast erreicht hatte, als ich bei der Gepäckaufbewahrung umgedreht hatte…
9. Station: Nationale Ankünfte
Also eine erneute Kehrtwende und wieder Ernüchterung: Bei den nationalen Ankünften angekommen, scheitere ich daran, dem dortigen Mitarbeiter begreiflich zu machen, dass und warum ich dorthin geschickt wurde – ohne Russisch bin ich nun wirklich mit meinem Latein am Ende und die Zeit bis zu meiner ausgewiesenen Boardingtime für den Rückflug ist auf 15 Minuten geschmolzen.
10. Station: Ausreise-Zoll
Auf dem Weg zum Security-Check vor dem Gate unternehme ich einen letzten Versuch, die Mitarbeiter an der Zollkontrolle für Ausreisende zu fragen, bekomme aber nicht mehr als ein Schulterzucken.
11. Station: Der Lost & Found-Schalter am Heimatflughafen
Um nichts unversucht zu lassen, suche ich nach meiner Landung in Düsseldorf auch den dortigen Gepäckverlustschalter auf und erfahre, dass ich mir in Moskau – quasi entgegengesetzt der Einbahnstraße – Zugang zum Baggage-Claim-Bereich hätte verschaffen müssen, um dort ebenfalls den Lost & Found-Schalter zu finden. Nun bleibt mir nach Auskunft der freundlichen Mitarbeiterin wohl nicht nichts anderes übrig, als bis zum 20. des Monats (Mai) zu warten, um dann eine Anfrage an BaggageExpress zu richten, da nach diesem Termin jeweils alle nicht abgeholten Fundsachen aus Flugzeugen an die zentrale Sammelstelle in Berlin geschickt werden.
12. Station: Suchanfrage bei BaggageExpress
Was nun nach der vielversprechendsten Lösung klang, entpuppt sich leider als Enttäuschung: Drei Anfragen auf verschiedenen Wegen (E-Mail, Kontaktformular, noch eine E-Mail – Telefonnummern werden wohl nicht angegeben, damit lästige Kunden wie ich nicht auch noch mündlich nerven) bleiben einfach unbeantwortet. Die immer gleiche Autoreply besagt, dass erst nach dem 20. des Folgemonats nach dem Verlust mit einer Antwort zu rechnen sei und vorher eingegangene Anfragen nicht aufbewahrt und berücksichtigt werden. Doch auch nach Verstreichen dieser Frist bekomme ich keine Reaktion.
Fazit:
Mein Kindle wollte wohl gerne in Russland bleiben. Ich finde mich langsam damit ab, dass vor dem Urlaub ein Ersatz her muss und bin immerhin sicher, dass ich mich in Zukunft SEHR angesprochen fühlen werde, wenn beim Aussteigen aus dem Flieger darauf hingewiesen wird, nichts zu vergessen.
Update:
Wenige Stunden nach Veröffentlichung dieses Posts kam dann doch eine Reaktion von BaggageExpress, die bestätigte, womit ich innerlich gerechnet habe:
Leider ist Ihr ebook nicht gefunden und an uns zur Lagerung übergeben worden. Es ist auch nicht zu erwarten, dass dieses noch bei uns eingehen wird (…).
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